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Johannes Nepomuk als Patron der Kirche im Mittelpunkt
Freiherr von Otten ließ nach neuen kunsthistorischen Forschungen, vor allem von Al. J. Weichselgärtner, die Kirche vom Prüfeninger Maler Otto Gebhard und dessen Vater Johann mit Fresken ausstatten. Im Gemälde an der Decke des Altarraumes ist die Verherrlichung des Prager Märtyrers in lebhaften, kontrastreichen Farben dargestellt. Im architektonisch dreifach gegliederten Hauptgemälde an der Decke des Schiffes, das die Farben kräftig zur Geltung bringt, nimmt Johannes Nepomuk den Schuldspruch des jähzornig sich gebärdenden Königs Wenzeslaus hocherhobenen Hauptes entgegen. Die vier Eckmedaillons zeigen den predigenden Heiligen, die Beichte der Königing, die Marter des Heiligen mit brennenden Fackeln und die Auffindung des Leichnams in der Moldau. In diesen Fresken spiegelt sich die zur Zeit der Erbauung vorherrschende Überlieferung wider, dass Johannes Nepomuk 1393 als ein "Opfer des Beichtgeheimnisses" den Märtyrertod erleiden musste.
Otto Gebhard - ein Asam-"Schüler"
Die Fresken weisen auf eine Beziehung zur Art des Malens von Cosmas Damian Asam hin. Der künstlerische Einfluss des unübertrefflichen Meisters des Barocks auf Otto Gebhard ist unschwer nachweisbar. Als C. D. Asam 1731 das Hauptschiff der Stiftskirche St. Emmeram in Regensburg mit Fresken ausstattete, unterstützte Otto Gebhard seinen Vater bei der Ausmalung des Nachtchores und der Seitenschiffe. Er konnte also eine geraume Zeit hindurch die Kunst des Malerfürsten kennenlernen und in seinem Schaffen nachahmen. Er vermochte Fresken zu malen, die eine Ähnlichkeit mit jenen von C. D. Asam aufwiesen. So darf also die Ansicht als begründet erscheinen, dass Otto Gebhard gleichsam als ein Asam-"Schüler" die Kirche in Waldeck zu einer der schönsten im südlichen Fichtelgebirgsraum ausmalte.
Die Stuckornamentik
Die Ausdruckskraft der Gemälde gelangte durch die einrahmende Vielfalt der eleganten, wahrscheinlich von Andreas Gebhard, einem Bruder von Otto G., gefertigten Stuckornamente zu ihrer vollen Wirkung. Laub- und Schweifwerk, Gitter und Blumen schmücken die Decken in abwechslungsreicher Bemalung. Über dem Chorbogen ließ der Erbauer das Wappen seines Geschlechtes, von Putten gehalten, heraldisch wirkungsvoll stuckieren.
ALTARFRESKO IM ALTARRAUM
Abbildung: Altarfresko im Altarraum
Die GLORIFIZIERUNG (Fresko im Altarraum): Dieses Deckengemälde fängt die barocke Freude über die Standhaftigkeit des heiligen Johannes ein. Lichtumflutet beherrscht Johannes als Hauptfigur das Zentrum des Bildes. In seliger Verklärung streckt er sich nach dem kreuz, das ihm ein Engel wie einen Siegespokal entgegenhält. In Todesnot empfing Johannes vom Gekreuzigten Trost und Stärkung. Von rechts hält ein Engel den goldenen Heiligenschein mit fünf Sternen +ber sein strahlendes Angesicht. Die fünf Sterne weisen wahrscheinlich hin auf die fünf Buchstaben des lateinischen Wortes "TACUI" (= Ich habe geschwiegen.) Ausser der Muttergottes, die einen Sternenkranz mit zwölf Sternen tragen darf, ist Johannes Nepomuk der einzige Heilige, dessen Heiligenschein zusätzlich noch Sterne aufweist. Weitere Engel halten die restlichen Attribute (= Kennzeichen eines Heiligen) bereit: einen Anker als Symbol der Hoffnung, ein flammendes Herz als Zeichen der Liebe. Unten links bringt ein kleiner Engel die Märtyrerpalme. Daneben haben zwei Engel die Heilige Schrift aufgeschlagen: "BEATUS QUI LINGUA SUA NON EST LAPSUS." (= Jesus Sirach 25,8: "Wohl dem, der nicht durch seine Zunge zu Fall kommt.") Fast nebenbei sind noch zwei weitere Kennzeichen in dieser unteren Hälfte des Bildes angedeutet: das Birett für seine geistliche Würde und ein Strauß Lilien für seine Keuschheit. Über dem ganzenBild schwebt als ruhender Pol die Triangel mit dem Auge, die göttliche Vorsehung. Bei diesem Deckengemälde wird besonders auch der fließende Übergang deutlich zwischen Bildrand und Bildinnerem, wie es typisch für den Rokoko war. Stuckpalmen ranken von der Decke über den Rahmen in das Fresko hinein. Ein Stuckputti hält noch ein letztes Attribut bereit, gleichsam als gehöre er noch zum Fresko: ein goldenes Schloß als Zeichen ver Verschwiegenheit des Märtyrers.
HAUPTFRESKO IM KIRCHENSCHIFF
Abbildung: Johannes Nepomuk und seine Gefangennahme
Die GEFANGENNAHME (Hauptfresko im Kirchenschiff): Hier werden die gegensätzlichen Standpunkte von König Wenzel und Johannes deutlich. König Wenzel, wütend von seinem erhabenen Baldachinthron aufgesprungen, weist mit dem rechten Zeigefinger drohend nach oben auf das Bild seiner Frau. Johannes zeigt energisch nach unten auf die Folterwerkzeuge. Damit ist eigentlich schon alles ausgesagt, worum es bei dieser packenden Szene geht. König Wenzel, ein jähzorniger und mißtrauischer Mensch, traute auch seiner Gemahlin Johanna nicht. Er unterstellte ihr, dass sie ihn betrügen würde. Deshalb wollte er unbedingt wissen, welche Sünden die Königin bei Johannes gebeichtet habe. Doch Johannes wollte unter gar keinen Umständen das heilige Beichtgeheimnis brechen. Wie eine letzte Drohung ruft ihm der König zu: "ELIGE UNUM QUOD VOLUERIS EX HIS." (= 2 Sam 24,12: "Wähl dir eines davon.") Johannes steht vor einer Entscheidung. Entweder er verrät dem König, was die Königin gebeichtet hat, dann wird ihn der König mit Geld, einem Abtsstuhl und einem Bischofssitz belohnen.
Abbildung: Johannes Nepomuk und seine Gefangennahme
Die entsprechenden Insignien (Mitren und Hirtenstäbe) sowie ein Geldsack mit 8000 Gulden sind auf dem rechten Sockel unter dem Barocken Baßgeigenfenster, etwas verdeckt durch eine Blumenvase, bereitgestellt worden. Oder wenn Johannes hartnäckig bleiben und das Beichtgeheimnis nicht brechen sollte, dann würde er grausamst gefoltert. Der energische Fingerzeig des Heiligen auf die ebenfalls bereitliegenden Folterinstrumente zeigt, wofür er sich entschieden hat. Dieses Bild stellt sehr anschaulich dar, dass jeder gläubige und treue Mensch sich immer wieder entscheiden muss. Zentral thront über dieser dramatischen Gefangennahme gleichsam als ruhender Pol der ganzen Szene die Person, um die sich der ganze Wirbel entfacht hat: die Königin Johanna. Ihr Bildnis wird von zwei Löwen und einem Adler bewacht. Der linke Löwe präsentiert die Königskrone Böhmens, der rechte die bayerische Kurfürstenkrone und der Reichsadler die deutsche Kaiserkrone. Als Gemahlin des deutschen und böhmischen Königs Wenzel war sie auch deutsche und böhmische Königin. Das Bildnis der Königin rahmt inhaltlich sehr treffend das Schriftwort ein: "Qu retur peccatum illius, et non invenietur." (= Ps 10: "Ihre Sünde wurde gesucht, aber nicht gefunden.") Ausserdem wird Johanna als deutsche und böhmische Königin und als bayerische Herzogin betitelt ("Johanna Imp: Rom: Reg: Boh: nata Duc Bavar:").
WEITERE FRESKEN UND IMPRESSIONEN IM INNEREN DER KIRCHE
Die drei Rokokoaltäre werden kunstgeschichtlich als "gut" beurteilt. Aus den einschlägigen Archivalien geht nicht hervor, von welchen Meistern die drei Altäre und sonstigen Einrichtungen gefertigt wurden. Man darf wohl annehmen, dass diese vor allem in der Stadt Kemnath zu suchen sind, in der sich Johann Eckhmann einen Namen als Kunsthandwerker machte und ein Haus die Bezeichnung "Beim Heiligenschreiner" trug.
Der Aufbau des Hochaltares, der von Akanthusschnitzereien eingefasst ist, schwingt sich mit geschweiften Streben in die Höhe, um dort baldachinartig abzuschließen. Die überlebensgroße Statue des Kirchenpatrons mit dem strahlenden "Auge Gottes" über ihm wird von den Statuen der Apostelfürsten flankiert. Der rechte Seitenaltar war ursprünglich nur mit dem Bildnis der hl. Mutter Anna ausgestattet. Auf dem linken Seitenaltar ist die von zwei Engelhermen eingerahmte Kreuzigung Christi figürlich effektvoll dargestellt.
DER HOCHALTAR
Den Hochaltar prägt die überlebensgroße Statue des Kirchenpatrons, mit seinen typischen Attributen Kreuz, Märtyrerpalme und Kranz aus 5 Sternen. Flankiert wird er von den beiden Apostelfürsten Petrus (mit Bibel und Himmelsschlüssel) und Paulus (mit Bibel und Schwert).
Bild: der Hochaltar
Unmittelbar neben dem Tabernakel zertritt die Gottesmutter Maria als Zepter schwingende Immaculata den Kopf der Schlange, die sich um den Erdball windet. Diese Darstellung ist eine Auslegung des Schriftwortes: "Feindschaft setzte ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf, und du triffst ihn an der Ferse." (Gen 3,15) Gegenüber schwebt der Hl. Josef, der Nähr- und Ziehvater Jesu, auf einer Wolke. Die Lilie in seiner Hand weist auf seine Reinheit hin.
DER RECHTE SEITENALTAR
Der rechte Seitenaltar: Das auf Leinwand in Öl gemalte Altarbild zeigt die Mutter Anna mit ihrer Tochter Maria, der späteren Mutter Jesu. Darüber ein Bild des großen Indienmissionars, des hl. Franz Xaver. Auf dem Tabernakel ruht das Bild der Waldecker "Maria-Trost-Bruderschaft", bewacht von zwei kleinen Engeln.
Bild: der rechte Seitenaltar
Der hl. Bischof Augustinus links neben dem Bild zeigt ein flammendes Herz, das auf sein bekanntes Wort hinweist: "Unruhig ist unser Herz, o Gott, bis es Ruhe findet in dir." Auf der rechten Seite steht seine Mutter, die hl. Monika. Es ist kein Zufall, dass gerade diese beiden Heiligen das Bruderschaftsbild bewachen. Beide gelten als die Schutzheiligen der Bruderschaft, und das Fest wird immer am Sonntag nach den Gedenktagen der beiden Heilige (27. und 28. August) gefeiert.
DER LINKE SEITENALTAR
Das bestimmende Thema des linken Seitenaltars ist das Leiden Christi. Anstelle eines Tabernakels befindet sich in einem Glasschrein die im 18. Jahrhundert sehr verehrte Figur des Heilandes an der Geiselsäule. Als Hauptmotiv beherrscht diesen Altar die Kreuzigungsszene. Unter dem so eben am Kreuz verschiedenen Heiland kniet Veronika mit dem Schweißtuch. Links davon umklammert die Gottesmutter hingebungsvoll das Schwert, als Zeichen ihres inneren Schmerzes.
Bild: der linke Seitenaltar
Diese Darstellung Mariens unter dem Kreuz erinnert auch an die Prophezeiung des alten Simeon, der zu Maria sagte: "Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen." (Lk 2,35) Auf der Rechten Seite streckt der Lieblingsjünger Johannes, der als einziger Apostel auch bei der Kreuzigung Jesus nicht verließ, seinem Herrn und Meister verzweifelt die rechte Hand entgegen. Das auf blanke Holzbretter gemalte Altarbild lenkt den Blick vom Kreuzigungsberg auf die Mauern des Tempels von Jerusalem. Engel umgeben die Szene und halten die Leidenswerkzeuge: die Lanze, mit der ein Soldat in die Seite des Gekreuzigten stieß; die Lanze mit dem essiggetränkten Schwamm, der Jesus gereicht wurde, als er Durst hatte; die Nägel, Hammer, Zange und Geißel.
Über die Einrichtung des Kircheninneren gibt es ein aufschlussreiches Dokument. In einem Brief des Marktrates Waldeck vom 23. Juni 1751 an den Bischof in Regensburg steht geschrieben: Der Herr Baron von Otten habe sich unterfangen, die Höritz-Kapelle "nicht nur zu einer vermeintlichen Kürchen, wie Selber solche betitelt, zu erweitern, sondern auch 3 Altär, Canzl, Beichtstühl und Kürchen Ständt und dann mit Kreuz und Fahnen versehen lassen". Der Hauptgrund für diese Anschuldigung ist darin zu sehen, dass die Wallfahrer-Gottesdienste nördlich des Schloßberges die Pfarrgottesdienste in der Marktkirche St. Anna südlich des Schloßberges behinderten und die Opfergaben schmälerten, zumal dort auch die Bruderschaft "Maria vom Troste" seit 1729 bestand.
Bild: Das Innere der Kirche in Richtung Hochaltar
Freiherr I.A. von Otten konnte den Ausbau der Kapelle zu einer Kirche nicht mehr durchführen. Er verstarb am 21. August 1737 in Regensburg (bestattet in einem prunkvollen Grab in der Stiftskirche zu St. Emmeram). Sein Sohn Philipp Carl Erwin von Otten, Landrichter in Kemnath, erfüllte den Wunsch des Vaters, von dem er ein beträchtliches Vermögen geerbt hatte. Er traf bereits 1738 die Vorbereitungen für den Erweiterungsbau. Erst 1749 konnte die Einrichtung der Kirche ihren Abschluss finden. Gegenüber der Kirche ließ der Freiherr von Otten auch ein geräumiges Priesterhaus mit einer Wohnung für einen Kirchendiener erbauen. Um die Wallfahrten zu seinem neuerstandenen Gotteshaus zu fördern, rief er 1750 mit Genhemigung des Bisch. Ordinariats eine Johann-Nepomuk-Bruderschaft ins Leben.